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Verträge können die unterschiedlichsten Eigenschaften aufweisen.

  • Einige Vertragsarten gehören zu den grundlegenden Ordnungsinstrumenten der menschlichen Zivilsation – wie etwa Verträge über den Verkauf von Waren.
  • Andere Vertragsarten sind erst in jüngster Zeit hervorgetreten und auf wirtschaftliche oder technologische Innovationen zurückzuführen – in so disparaten Bereichen wie Franchise oder Data Mining.

Vertragsfreiheit und Vertragsgestaltung

Vertragsfreiheit bedeutet, dass Unternehmen nicht mit einer erschöpfenden und möglicherweise veralteten Liste von Vertragstypen konfrontiert sind.
Stattdessen steht es den Parteien frei, neue Arten von Verträgen zu erschaffen, für die noch keine Rechtsvorschriften erlassen wurden. Das passiert häufig und hindert nicht die Gültigkeit oder Durchsetzbarkeit eines Vertrages.


Relevanz der Vertragstypologie in der Praxis: Einige Beispiele

Vertragstypologie spielt in der Rechtspraxis eine wichtige Rolle. Einige der Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen können – insbesondere, wenn die Parteien sie in ihren jeweiligen Verträgen nicht geklärt haben – sind:

  • Unterliegt ein Werklieferungsvertrag den Regeln für den Verkauf von Waren (z.B. über Qualitätsanforderungen), auch wenn der Kunde die Rohstoffe für den Herstellungsprozess bereitstellt? (Lesen Sie mehr auf unserer CISG-Seite.)
  • Wird eine Handelsvertreterin aufgrund ihrer After-Sales-Verpflichtungen nicht als Handelsvertreterin, sondern als Vertragshändlerin angesehen, und hat das Auswirkungen auf Schadenersatzforderungen im Falle einer Kündigung des Vertragshändlervertrags?
  • • Ist eine Software-as-a-Service-Vereinbarung, die auch Data-Mining-Dienste des Lizenzgebers vorsieht, ein Mietvertrag, ein Servicevertrag oder ein gemischter Vertrag mit Elementen aus beiden, und welche Auswirkungen hat dies auf die Rechtsmittel des Lizenznehmers bei Vertragsbruch?


Vertragstypologie in kontinentaleuropäischen/Civil Law-Rechtsordnungen

In kontinentaleuropäischen/Civil Law-Rechtsordnungen regeln die Kodifikationen (BGB, HGB usw.) eine Reihe von Vertragsarten durch

  • die Festlegung der wichtigsten Verpflichtungen der Parteien im Rahmen der jeweiligen Vertragsart und durch
  • eine Reihe von auf den Vertrag anwendbaren gesetzlichen Vorschriften, von denen die meisten im Wege der wechselseitigen – gegebenenfalls stillschweigenden – Zustimmung der Parteien abbedungen werden können.

Der systematische Aufbau des deutschen Kaufrechts kann als Beispiel für diese Regelungstechnik dienen.

Die Regelungen der §§ 433 bis 479 BGB und der §§ 373 bis 381 HGB sind größtenteils dispositives Recht. Sie gelten, wenn der Vertrag der Parteien zu einem bestimmten Thema schweigt.

  • So können die Parteien sehr kurze Verträge abschließen, wenn sie davon überzeugt sind, dass die vom Gesetzgeber vorgesehenen, dispositiven Regelungen ihren Interessen nicht zuwiderlaufen werden.
  • Gleichzeitig wird es für Parteien, die die Parameter ihres Verhältnisses in ihrem Vertrag detailliert definieren wollen, oft notwendig sein, zumindest einige der dispositiven Regelungen ausdrücklich auszuschließen, um Schnittstellenprobleme zu vermeiden.
  • Das deutsche Recht schränkt die Vertragsfreiheit der Parteien auch im B2B-Geschäft ein, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei wesentlich von den dispositiven, gesetzlichen Vorgaben abweichen. Während solche Abweichungen in einem individuell ausgehandelten Vertrag gültig sind, sind sie möglicherweise nicht gültig, wenn sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen sind.

Die Parteien schließen häufig einen oder mehrere Verträge ab, die

  • von einer gesetzlichen Regelung überhaupt nicht erfasst wird (Beispiele im deutschen Recht: Franchising; Softwarelizenzierung), oder die
  • Elemente mehrerer Vertragsarten kombinieren (Beispiele: Kaufvertrag für eine Fertigungsstraße mit Wartungsverpflichtungen; Vertrag über den Bau einer Brücke, verbunden mit einem Konzessionsvertrag, der den Betrieb einer Mautstation auf der Brücke über einen bestimmten Zeitraum ermöglicht).

In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob gesetzliche Bestimmungen über Vertragsarten anzuwenden sind, die ihrem Regelungsgegenstand nach mehr oder weniger nahe an den von den Parteien geplanten Verträgen liegen. Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist, ob eine solche Anwendung den Ausschluss anderer gesetzlicher Bestimmungen zur Folge haben muss – nämlich hinsichtlich solcher Vertragsarten, die den von den Parteien vorgesehenen Verträgen ähneln, aber nicht identisch sind. Während einige Theorien aufgestellt wurden, um diese Frage abstrakt zu behandeln, ist in der Rechtspraxis die Bestimmung der (ggf. hypothetischen) Absicht der Parteien durch Vertragsauslegung entscheidend, um diese Fragen zu klären.


Der Ansatz von Common Law-Systemen zu Vertragsarten

In der Welt des Common Law gibt es in der Regel keinen systematisch geordneten Kanon von Vertragsarten, die in einem einzigen Code zusammengefasst sind. Allerdings gibt es gesetzliche Regelungen für verschiedene Arten von Verträgen, und sie enthalten auch (oft: nicht zwingende) Bestimmungen, die häufig die Technik der „implied terms“ anwenden. Grundsätzlich können sich daher in der Welt des Common Law ähnliche typologische Fragestellungen ergeben, wie sie oben für kontinentaleuropäische/Civil Law-Rechtsordnungen skizziert wurden. Die Methodik der Gesetzes- und Vertragsauslegung, verbunden mit einer Tradition der richterlichen Zurückhaltung gegenüber Figuren wie Analogie, teleologischer Reduktion usw. führen häufig zu Ergebnissen, die dem – gegebenenfalls fragmentarischen – Wortlaut der Verträge der Parteien näherkommen als im kontinentaleuropäischen Recht. Dies ist einer der Gründe, warum englischsprachige Verträge tendenziell deutlich voluminöser sind als ihre kontinentalen Pendants.

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