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Viele geschäftliche Auseinandersetzungen drehen sich um Meinungsverschiedenheiten über die richtige Auslegung eines Vertrages. Einige dieser Konflikte hätten vermieden werden können, wenn der Vertrag sorgfältiger ausgearbeitet worden wäre. Dennoch ist es selbst für erfahrene Geschäftsleute und Anwälte unmöglich, alles vorauszusehen, was in einer Geschäftsbeziehung unerwartet passieren kann. Folglich können auch bei sorgfältig vorbereiteten Verträgen immer wieder Auslegungsfragen auftreten.

Die bei der Vertragsauslegung anzuwendende Methodik ist von Rechtsordnung zu Rechtsordnung unterschiedlich.

Viele Rechtsordnungen versuchen, die wahren Absichten der Parteien zu erforschen, auf Kosten des Vertragstextes, der möglicherweise nicht das widerspiegelt, was die Parteien tatsächlich sagen wollten. Das englische Recht ist diesen „zweckbestimmten“ Ansätzen traditionell feindlich gesinnt, hat sich aber in den letzten Jahrzehnten vereinzelt stärker auch teleologischen Analysemethoden zugewandt.

Bei der Frage, ob Lücken in einem Vertrag geschlossen werden können, sollen oder müssen, bestehen von Rechtsordnung zu Rechtsordnung noch erhebliche Unterschiede. Eine weitere Frage, die keinen international konvergenten Ansatz aufweist, ist, ob das Verhalten der Parteien vor oder sogar nach Vertragsabschluss bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigen ist. Art. 8 Abs. 2 CISG enthält eine entsprechende Bestimmung; viele Jurisdiktionen – insbesondere angelsächsische – sind im Übrigen eher zurückhaltend, wenn es um das Verhalten der Parteien bei der Auslegung von Verträgen geht.

Eine wichtige Auslegungsregel, die sowohl im kontinentaleuropäischen Recht als auch im Common Law gilt, wenn auch nicht immer mit dem gleichen Anwendungsbereich, ist “contra proferentem“. Nach dieser Regel muss jede Unklarheit in einer Vertragsklausel zum Nachteil der Partei gelöst werden, die die Klausel entworfen und/oder vorgeschlagen hat.

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