Die Parteien haben einen Anspruch auf ein faires Schiedsverfahren. Schiedsrichter müssen unabhängig und unparteiisch agieren. Das gilt auch und gerade für parteibenannte Schiedsrichter.

Schiedsrichter bzw. Personen, die für ein Schiedsrichteramt in Betracht gezogen werden, müssen alle Umstände offenlegen, die Zweifel an ihrer Neutralität, Unparteilichkeit und/oder Unabhängigkeit begründen können.

Die IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration sind zwar nicht verbindlich, werden aber als umfassendes Soft-Law-Instrument regelmäßig entscheidungsleitend herangezogen. Die IBA Guidelines behandeln Fallkonstellationen, die in Schiedsverfahren auftreten können, und gliedern diese Fallkonstellationen in vier nicht erschöpfende Listen auf:

  • Non-Waivable Red List;
  • Waivable Red List;
  • Orange List;
  • Green List.

Die Non-Waivable Red List umfasst Situationen, die sich aus dem Grundsatz ergeben, dass keine Person in ihrer eigenen Sache Richter sein kann. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Schiedsrichter ein gesetzlicher Vertreter oder Angestellter einer der Parteien ist oder wenn der Schiedsrichter ein persönliches Interesse an der Entscheidung des Falles hat.

Die Waivable Red List deckt Situationen ab, die schwerwiegend, aber nicht so ernst sind wie die der Non-Waivable Red List. Diese Situationen können außer Acht gelassen werden, wenn alle Parteien den Interessenkonflikt kennen und sich dennoch ausdrücklich bereit erklären, diese Person als Schiedsrichter fungieren zu lassen. Eine Situation auf der Waivable Red List ist es z.B., wenn der Schiedsrichter vor seiner Ernennung einer der Parteien im Zusammenhang mit dem Streitfall Rechtsbeistand leistet oder ein Gutachten abgibt. Ein weiterer Fall wäre, dass der Schiedsrichter ein Anwalt in derselben Kanzlei ist wie der Anwalt von einer der Parteien.

Die Orange List umfasst Situationen, die je nach Sachverhalt Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Schiedsrichters aufkommen lassen können. So etwa, wenn ein Schiedsrichter in den letzten drei Jahren in einer anderen Angelegenheit als Anwalt gegen eine der Parteien tätig gewesen ist. Ein weiterer Fall ist der einer engen persönlichen Beziehung zwischen einem Schiedsrichter und dem Anwalt einer Partei. In den Fällen der Orange List kommt es stets auf eine umfassende Würdigung aller Einzelheiten des Sachverhalts an.

Die Green List umfasst im Gegensatz zu den vorherigen Listen Situationen, in denen objektiv gesehen kein Interessenkonflikt vorliegt. Dazu gehört auch, dass der Schiedsrichter ein Rechtsgutachten (z. B. in einem Artikel oder in einer Vorlesung) zu einer im Schiedsverfahren auftretenden Frage abgegeben hat (sofern es nicht auf den jeweiligen Streitfall ausgerichtet ist). Dazu gehört auch, dass der Schiedsrichter mit einem anderen Schiedsrichter verbunden ist oder durch Mitgliedschaften in Berufsverbänden, sozialen oder gemeinnützigen Organisationen oder über soziale Medien.

Fragen nach der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters können zu jedem Zeitpunkt des Schiedsverfahrens gestellt werden. Häufig stellen sie sich bereits in der Phase der Bildung des Schiedsgerichts, oder nachdem der Schiedsspruch bereits ergangen ist, während der Vollstreckung oder Aufhebung des Verfahrens.

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